Parteilichkeit und Definitionsmacht -Parteilichkeit und Definitionsmacht -Parteilichkeit und Definitionsmacht -

Parteilichkeit als Begriff hat Engels in der Arbeiterbewegung eingeführt, er meint sich parteilich an die Seite der Unterdrückten zu stellen (bei Engels im Klassenkampf).
In Bezug auf Diskriminierung und oder (sexualisierte) Gewalt meint er parteilich zu sein mit den Betroffenen und mit Marginalisierten in Diskriminierungsverhältnissen. Denn Marginalisierte werden strukturell benachteiligt, ausgeschlossen oder ausgebeutet.

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Parteilichkeit ist eine innere Haltung, die aktiv nach außen gerichtet wird. Mit dieser Haltung stellt eine:r sich parteilich an die Seite von den innerhalb eines Herrschaftsverhältnisses unterdrückten und ausgebeuteten Personen.
Der Parteilichkeitsbegriff ist dabei auf gesellschaftliche Strukturen (Herrschaftsverhältnisse) bezogen. Parteilichkeit als Haltung wird also in Bezug auf sämtliche Herrschaftsverhältnisse verwendet.

Parteilichkeit kann auch als Solidarität verstanden werden.
Es spiegelt das Wissen wider, dass es innerhalb von Herrschaftsverhältnissen keine neutrale Haltung geben kann. Somit stellt Parteilichkeit auch ein Wissen um Herrschaftsverhältnisse dar, eine aktive Beschäftigung mit ihnen und eine Reflexion der eigenen gesellschaftlichen Position innerhalb der Herrschaftsverhältnisse.
Diese innere Haltung zu haben, heißt nicht, dass eine:r die Betroffen:e sympathisch finden muss oder jede ihrer Handlungen oder Aktionen verstehen oder gut finden muss, sondern dass eine:r sich parteilich zu ihr verhält.
Parteilichkeit ist in dem Sinne ein politisches Bewusstsein, das ausdrückt, dass eine:r weiß, dass Unterdrückung, Ausbeutung und Gewalt innerhalb und durch Herrschaftsverhältnisse stattfinden und eine:r sich deswegen parteilich auf die Seite der Unterdrückten stellt.

Definitionsmacht als Konzept wurde von FrauenLesben in der 2. Frauenbewegung entwickelt, die sich gegen die erlebte Gewalt wehrten, sich behaupteten und einander zur Seite standen. Sie halfen sich gegenseitig, halfen Betroffen:en und solidarisierten sich mit ihnen.

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Das Konzept der Definitionsmacht ist entstanden, weil die Erfahrungen zeigten, dass dieses Konzept notwendig ist.
Es handelt sich also nicht um einen in der Theorie oder Wissenschaft hergeleiteten Ansatz, sondern um ein auf Erfahrungswissen basierendes Konzept. Es geht nicht darum, jemandem abstrakt die Definitionsmacht zuzusprechen, sondern um das konkrete Wohl der Betroffen:en.
Definitionsmacht ist ein Werkzeug, auf das Betroffen:e zurückgreifen können, wenn sie es als notwendig erachten, um den erlebten Reaktionen etwas entgegenzustellen. Im Zentrum der Definitionsmacht stehen die Perspektive und die Bedürfnisse der Betroffen:en, ihre Bedürfnisse stellen den Ausgangspunkt jeglichen Handelns dar.

Das Konzept der Definitionsmacht wurde im Bezug auf heteronormative Strukturen entwickelt. FrauenLesben wehrten sich gegen den Sexismus und die sexualisierte Gewalt, die von weißen cis Männern ausgingen.
Das Konzept wird mittlerweile intersektional angewendet. Definitionsmacht beinhaltet, dass die Betroffen:e definiert, was ihr passiert ist. Sie definiert, was ihr angetan wurde und welche Form von sexualisierter Gewalt oder Diskriminierung sie erleiden musste. Sie wählt den Begriff, mit dem sie die Gewalt benennt.
Das heißt nicht, dass sie das tun muss oder dass sie das alleine tun muss, oft tut sie das im Austausch mit Freund:innen, Unterstützer:innen oder Beratungsstellen. Die Definitionsmacht verdeutlicht auch, dass die Macht zu definieren und zu entscheiden nicht bei einer dritten, vermeintlich unabhängigen Instanz liegt, dann diese vermeintliche Neutralität gibt es nicht, was auch der Ansatz der Parteilichkeit zeigt.

vgl. Ann Wiesental, Antisexistische Awareness – Ein Handbuch, Unrast Verlag

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